Planung ist das A und O
Immer wieder höre ich von meinen Schülern: »Diese Woche hatte ich keine Zeit zum Üben, weil …« In Anbetracht dessen, dass die meisten von den Kindern und Jugendlichen, die ein Instrument spielen, eine weiterführende Schule (sprich Gymnasium) besuchen, ist dies durchaus verständlich.
Hohe Anforderungen an die Lernenden mit regelmäßigen Leistungskontrollen, mehreren Klassenarbeiten in einer Woche und einer unübersehbaren Fülle an zu verarbeitenden Informationen lassen Schüler schon einmal rasch den Überblick über ihr Zeitlimit verlieren. Doch wie kann man trotz oder gerade wegen mangelnder Zeit den Musikschüler zu Erfolgserlebnissen führen?
Dazu fällt mir ein Beispiel ein, das ich selbst erlebt habe: Einer meiner Schüler hatte sich zur Teilnahme am Wettbewerb »Jugend Musiziert« entschieden. Logisch, dass die Vorbereitung darauf zusätzliche Zeit in Anspruch nimmt. Noch logischer, dass ich obigen Satz ebenso häufig hörte. Ich war der Verzweiflung nahe, und mein Lehrergewissen schwankte nach einiger Zeit zwischen Absage der Teilnahme (um den Schüler negative Erfahrungen zu ersparen) und Chance für den Schüler. Zusätzlich nahm mein Schützling in den Winterferien an einer Orchesterfreizeit teil.
Wo sollte denn bei 6,5 Stunden anstrengender Proben am Tag noch Zeit für zusätzliches Üben sein? Nach längeren Überlegungen entschied ich mich, dem jungen Musiker die Chance zu lassen. Da ich während der Orchesterfreizeit die Gruppe der Holzbläser betreute, nutzte ich die Möglichkeit, mit ihm täglich in der Mittagspause eine halbe Stunde zu üben. Jede dieser Übungseinheiten hatte ich bis ins Kleinste geplant und dem Schüler zur Benutzung an die Hand gegeben (kleine Abschnitte, langsam üben, mit Bewegung, auswändig spielen).
Schritt für Schritt bemerkte er seine Fortschritte. Zeit zum Erholen, Lesen oder Spazieren gehen während der Mittagszeit fand sich immer noch. Diese regelmäßigen Übungsabschnitte halfen ihm, einen eigenen Rhythmus zu finden. Den sollte nach Möglichkeit jeder Schüler anstreben. Zum einen, weil sich so die täglich halbe Stunde immer findet, auch wenn es mal brennt. Zum anderen könnten wir Musikschullehrer dann vielleicht einen solchen Satz hören: »Ich hatte zwar sehr wenig Zeit zum Üben, aber die tägliche halbe Stunde konnte ich sehr gut nutzen.« Übrigens: Den Auftritt beim Wettbewerb »Jugend Musiziert« meisterte der Schüler erfolgreich.
Dieser Text entstand vor etlichen Jahren für die Zeitung „Playmusic“, die es inzwischen schon nicht mehr gibt. Die erzählte Geschichte ist so aktuell, dass sie hier für jeden lesbar bleiben muss.
Ihr Jerzy Bojanowski